Fieldwork Project

Tamalpa Life Art Process und Initiation

Gedanken zu meiner Level 3 Abschlussarbeit von Naomi Röck

 

Erwachsenwerden

Mit heißem Herzen

sind wir los gerannt

um zu scherzen

Hand in Hand

die Straßen entlang

und fingen immer wieder

von vorne an

wurden vom Mädchen zur Frau

und vom Jungen zum Mann

was fangen wir jetzt

nur mit unserem Leben an.

- Kerstin V. Schmidt

 

“Sei immer Du selbst – alle anderen gibt es schon.”

(Oscar Wilde)

Das Leben ist keine gerade Linie.

Gibt es den großen magischen Moment des Erwachsenseins?

Erwachsen werden – ein endloser Prozess?

Mit diesen Gedanken und Fragen habe ich im Frühsommer 2017 sechs junge Frauen eingeladen, mit mir das Wesen des Erwachsenwerdens zu erforschen. Ich habe viele Jahre Tanz für Kinder und Jugendliche unterrichtet und die Teilnehmerinnen dadurch schon seit Jahren persönlich gekannt. Der Tamalpa Live Art Process ist immer wieder eine wunderbare Möglichkeit, um deine Lebensthemen in einen großen Zusammenhang zu stellen. Da ist für mich auch die Verbindung zu schamanischen Ritualen. Übergang - gefeiert – zelebriert – wahrgenommen.

Zu Beginn des Projekts wurden Gefühle wie Wut, Bitterkeit und Einsamkeit in Verbindung mit der Vorstellung von Erwachsen werden genannt.  Dies verdeutlicht, dass das Thema Erwachsen werden ein negativ belegtes Thema oder gar ein Tabuthema ist: Jede ist alleine und versucht  das Thema mit sich auszumachen. Jede denkt all die Emotionen und Veränderungen wären ihr eigenes Problem, dabei  ist das Erwachsen werden ein Thema, das alle gleichermaßen betrifft. Tatsächlich macht das jedes junge Mädchen für sich aus und kämpft sich alleine durch das Thema. Um das zu verhindern, sind Initiationsriten wertvoll, da es um Prozesse und nachhaltige Umbrüche geht, die am Übergang von der Kindheit ins Erwachsenenleben immer auftreten. Die Themen sind nicht bei allen genau gleich, aber es ist ein allgemeines Grundbedürfnis sich in dieser Lebensphase mit dem Thema zu befassen. Das Thema will sinnlich, geistig und mit dem Herzen erfasst sein. Die Befassung mit dem Thema geht viel einfacher in Gemeinschaft mit anderen, als jede für sich im stillen Kämmerlein zuhause. Das ist auch eine wesentliche Qualität des Projektes, dass es sich um ein Thema dreht, das ein urmenschliches Bedürfnis anspricht. Dieses Bedürfnis wird durch die Art wie wir derzeit leben nicht bedient. Jeder ist für sich, isoliert, auf sich selbst zurückgeworfen und zurückgezogen und damit nur wenig mit anderen Menschen verbunden.

So habe ich als Level 3-Abschlussprojekt entschieden Tamalpa Life Art Process für junge Frauen anzubieten. Als Vision mit der Tamalpamethode schon als junger Mensch in Kontakt zu kommen mit deinem Leben, deinem Lebenstraum, deinem Lied  und in Liebe und Akzeptanz mit deinem Körper zu sein.

 

Bei all unseren Treffen, sammelten wir  zu erst Wörter zum Erwachsen werden/erwachsen sein und haben daraus Gedichte entstehen lassen.

Aus der Wortsammlung  von Isa: Bauchgefühle, Vertrauen, Fragen,  entstand das Gedicht:

 

Richtig spontane Bauchgefühle entdecken

Unsicherheit und Sicherheit verbinden sich im Vertrauen

Auf Fragen Antworten finden und neue Fragen fragen

Folge neuen Wegen – lebe Liebe

 

Und von Mira: Kind bleiben, frei sein und Eigenverantwortung, entstand das Gedicht:

 

Sorgen für sich sorgen

Entscheidungen treffen

Verrückt sein

Kind bleiben

Dein Leben in vollen Zügen genießen

Frei sein!

Wir haben die Elemente tanzend erforscht,  gemalt und uns darüber ausgetauscht, welches Element uns besonders stärkt.

Aus einer anderen Tanzimprovisation heraus mit der Intention unserer inneren Tänzerin zu begegnen,  uns von innen nach außen zu bewegen, aus langen Phasen mit geschlossenen Augen zu tanzen, haben wir einen Liebesbrief an uns selbst geschrieben. Später sind wir dann in den Wald gegangen und nach einem „Blindwalk“ haben uns die Briefe laut vorgelesen.

Auf die Frage nach dem Lesen der Liebesbriefe „Wie fühlst Du Dich?“ antwortete Emely:

„ehrliches Entblößtsein, nicht dieses Nackte/Peinliche. Es fühlt sich an wie gute Nacktheit“

 

Während der gemeinsamen Zeit des Tanzens haben wir oft die verschiedenen Raumebenen erforscht und lange mit der Idee von Falling und Rising gespielt. Wir haben uns immer wieder fallen lassen – auf die Erde, in uns hinein, sind erneut gewachsen aus der Erde aus unserer Kraft und haben erlebt „Das Leben ist so lustvoll und freudvoll, wie es gleichzeitig ungewiss ist.

“Mit der Metapher von Falling und Rising wollte ich erzählen, dass es gut ist, dass das Leben nicht linear verläuft, dass Fallen Spaß macht, dass Aufstehen Spaß macht, dass es manchmal auch gut ist, wenn im Leben nicht alles nach unseren Wünschen verläuft.

Sich fallen lassen trifft sich mit dem Thema an unterschiedlichen Stellen. Es geht auch darum sich in die Unbeschwertheit der Kindheit fallen zu lassen, sich diese auch in die Zeit des Erwachsenseins mitzunehmen. Dennoch muss die Kindheit losgelassen werden. Weiter geht es darum sich in Neuland in die Ungewissheit des neuen Erwachsenseins fallen zu lassen. Er(wachsen) werden und dabei lustvoll etwas Neues entstehen zu lassen.

 

Aus der wundervollen gemeinsamen Zeit ist so viel Vertrauen gewachsen, wie die Rückmeldung einer Teilnehmerin zeigt:

„Am Anfang war ich etwas skeptisch darüber wie man das Thema Erwachsen sein/werden als Leitfaden nutzen kann, da dieses Thema für mich momentan mehr mit negativen als mit positiven Gedanken verknüpft ist (…) Allerdings wurde ich gleich beim ersten Treffen eines besseren belehrt, denn sobald wir angefangen hatten über das Thema zu sprechen, hat man gemerkt, dass wir alle irgendwie das gleiche empfinden. (…) Ich war verblüfft wir reif wir geworden sind, mit was für einer Leichtigkeit getanzt wurde, was für tiefe Gefühle gleichzeitig gezeigt wurden und wie sich jeder von uns den anderen geöffnet hat. Das Gefühl als Gruppe war unbeschreiblich. Ich weiß noch, dass ich danach gar nicht mehr gehen wollte, aber ich weiß, dass wir alle miteinander verbunden sind (…) Ich rufe mir jetzt öfters ins Gedächtnis, dass ich alles schaffen kann, dass es nicht schlimm ist, wenn es nicht direkt klappt. (…) Jedes Mal wenn mich wieder mal eine negative Welle in Bezug auf das Erwachsen werden bzw. die Zukunft überrollt, denke ich an unsere Gespräche, die Erkenntnis, dass Erwachsen werden eigentlich ganz schön ist.„

Am unserem letzten Wochenende  haben wir Reisegefährtinnen/ Masken gerufen  und aus Ton und Papier eine Maske geformt und unser Anliegen formuliert.

 

Welche Kraft will ich sehen? Was will ich verabschieden? Was will ich einladen?

Am 5. Juni im Sonnenaufgang hat dann jede der jungen Frauen unter einem alten Apfelbaum ein Ritual für ihren Lebenstraum getanzt. 

 

Ich weiß nicht, ob wir in diesen Tagen erwachsen geworden sind, aber wir sind uns sehr nahe gekommen, wir haben unser Lied gehört...

Meine Abschlussarbeit wird in Form eines Filmes präsentiert und soll Ende September veröffentlicht werden.

Naomi Röck, im August 2017

 

Zum Abschluss ein paar reflektierende Gedanken von Andreas Lauble, einem Freund aus meiner Jugend, zu meiner Abschlussarbeit:

 

„Eine sehr starke Erkenntnis ist die gleichzeitige Einheit von Stärke und Mut einerseits und die große Verletzlichkeit andererseits. Beides gehört zusammen. Das Zulassen von beidem, Stärke und Verletzlichkeit, offen liegen, schwach sein. Dankbarkeit für Sensibilität und menschliche Wärme ist sehr wichtig. Es geht dabei um das Gefühl gesehen und gehört zu werden in seinem Anliegen,  in seiner Einsamkeit während dem Umbruch wahrgenommen zu werden und zu spüren in seinem Empfinden, seiner Wahrnehmung nicht alleine dazustehen. Genannt wird Wärme, Akzeptanz, Sensibilität auf der einen Seite im Sinne von nicht alleine sein, gesehen werden in den Anliegen dieses schweren Umbruchs. Es geht dabei um die Erfahrung zu spüren man ist nicht alleine, es ist jemand da, der einen versteht. All die Veränderungen sind normal. Anderen geht es sehr ähnlich. Im Kontrast dazu sind die jungen Frauen dankbar für Verrücktheit, Wildheit und Spontanität als Ausdruck von übersprudelnder Lebensfreude, die sie im Rahmen des Projektes auch erlebten und spüren konnten. Es geht darum sich aufgehoben zu fühlen, nicht alleine zu sein und sich  in einer Gemeinschaft getragen zu fühlen. Durchaus mit seiner jeweiligen Besonderheit und Individualität, aber dennoch zu spüren das ist ein Thema, das alle gleichermaßen betrifft. Ich bin nicht alleine!  Andererseits aber auch die Wildheit und Lebendigkeit zu fühlen und in einer Gruppe zu erleben und zu erfahren. Das Erlebnis in einer Gruppe das Leben als ein Fest der Sinnesfreude zu erleben.“

Danke für dein Coaching aus dem Off

 
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